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Kulinarische Schätze aus den Abruzzen: Arrosticini, Montepulciano d’Abruzzo und Pecorino-Käse

Kulinarische Schätze aus den Abruzzen: Arrosticini, Montepulciano d’Abruzzo und Pecorino-Käse

Von einem Landstrich, der seine kulinarische Identität mit alpiner Strenge und mediterraner Leidenschaft verteidigt.

Die Abruzzen – ein Name, der in vielen Teilen Europas eher mit Abgeschiedenheit als mit kulinarischer Exzellenz assoziiert wird. Doch diese Region im Herzen Italiens, eingequetscht zwischen Adria und Apennin, birgt einen der authentischsten und gleichzeitig unterschätztesten kulinarischen Reichtümer des Landes. Die Küche der Abruzzen kennt weder Allüren noch Kompromisse. Sie ist bodenständig, handwerklich und von tiefer Ehrfurcht gegenüber der Natur geprägt. Drei Produkte ragen dabei hervor: Arrosticini, Montepulciano d’Abruzzo und Pecorino-Käse – kulinarische Ikonen, die in ihrer Ursprünglichkeit und Qualität überzeugen.


Arrosticini: Das Feuer der Hirtenküche

Arrosticini, jene schlichten Lammspieße, sind das rustikale Herzstück abruzzesischer Grillkunst. Sie stammen ursprünglich aus der Schäfertradition des Gran Sasso und Majella-Gebirges, wo Hirten das Fleisch ihrer Herden direkt über offenem Feuer zubereiteten. Die Spieße bestehen traditionell aus magerem Lammfleisch, das in kleine Würfel geschnitten und abwechselnd mit feinen Fettstreifen auf Holzspieße gesteckt wird. Die Authentizität der Zubereitung liegt im Detail: Kein Gewürz außer Salz, keine Marinade, keine Soße – nur das reine Aroma von Fleisch, Rauch und Flamme.

Gegrillt werden Arrosticini auf einer speziellen Grillvorrichtung, dem fornacella – einer langen, schmalen Holzkohlerinne, auf der die Spieße parallel aufgelegt werden. Diese Technik erlaubt eine gleichmäßige Garung und maximiert die Rauchaufnahme. Das Ergebnis: außen knusprig, innen saftig – ein Geschmackserlebnis, das archaisch und zugleich verblüffend modern wirkt. In ländlichen Tavernen ebenso wie auf Stadtfesten gelten Arrosticini als inoffizielles Nationalgericht der Abruzzen.


Montepulciano d’Abruzzo: Der Wein der Hügel

Der Montepulciano d’Abruzzo – nicht zu verwechseln mit dem Vino Nobile di Montepulciano aus der Toskana – ist der Stolz der regionalen Weinkultur. Die gleichnamige Rebsorte Montepulciano gedeiht in den sonnenverwöhnten Hügellagen der Provinzen Teramo, Pescara und Chieti. Ihre tiefdunklen Trauben bringen einen Wein hervor, der durch Fruchtigkeit, Struktur und Lagerfähigkeit besticht. Besonders die DOCG-Zone Colline Teramane im Norden der Region gilt als Qualitätsgarant für ausdrucksstarke Tropfen.

Ein klassischer Montepulciano d’Abruzzo präsentiert sich mit einem intensiven Rubinrot und verströmt Aromen von Kirsche, Pflaume und schwarzen Johannisbeeren. Im Geschmack entfaltet er sich samtig, mit einer angenehmen Tanninstruktur und einem Hauch von Gewürz und Schokolade im Abgang. Gerade in den letzten Jahren haben kleinere Winzerbetriebe das Potenzial dieser Rebsorte erkannt und den Montepulciano durch biodynamischen Anbau und reduzierte Erträge zu neuem Renommee geführt.

In Kombination mit Arrosticini oder einer kräftigen Lammragout entfaltet der Wein seine ganze aromatische Tiefe. Auch international erfährt er steigende Anerkennung – nicht zuletzt wegen seines exzellenten Preis-Leistungs-Verhältnisses.


Pecorino: Die Seele des abruzzesischen Käses

Der dritte kulinarische Protagonist ist der Pecorino – ein Schafskäse, der je nach Reifegrad von cremig-mild bis bröckelig-pikant reichen kann. In den Abruzzen wird er meist aus der Milch lokaler Schafrassen hergestellt, darunter die Gentile di Puglia oder Sopravissana, die auf den Hochweiden der Region grasen. Der dortige Pecorino unterscheidet sich wesentlich von seinen toskanischen oder sardischen Verwandten: Er ist oft würziger, mit einem nussigen bis leicht animalischen Unterton, der seine Herkunft aus der rauen Bergwelt nicht verleugnet.

Besonders beliebt ist der Pecorino di Farindola, der mit Hilfe von Schweinemagenferment (statt des sonst üblichen Kälberlabes) hergestellt wird. Diese seltene, prähistorisch anmutende Methode verleiht dem Käse eine cremige Textur und eine leicht pfeffrige Note. Er reift mehrere Monate in natürlichen Kellern und entwickelt dabei eine rustikale, manchmal mit Schimmel überzogene Rinde – ein Zeichen handwerklicher Herstellung.

Pecorino ist in der abruzzesischen Küche nicht bloß Käse, sondern auch Zutat: Er reichert Pasta-Gerichte an, wird über Suppen gerieben und findet sogar Verwendung in süßen Speisen wie dem fiadone, einem Osterkuchen mit Käsefüllung. In seiner Ursprünglichkeit spiegelt er wie kein anderes Produkt die Identität der Region wider.


Zwischen Tradition und Renaissance

Was diese drei Produkte eint, ist ihre tiefe Verwurzelung im Alltagsleben der Abruzzen. Sie sind keine Marketingkreationen, sondern Ausdruck einer gelebten, jahrhundertealten Esskultur. In einer Zeit, in der viele kulinarische Trends auf Effekthascherei setzen, wirken Arrosticini, Montepulciano und Pecorino geradezu trotzig unmodisch – und genau darin liegt ihre Stärke.

Gleichzeitig erleben sie eine stille Renaissance. Junge Produzenten, ambitionierte Köche und Slow-Food-Initiativen fördern die Rückbesinnung auf lokale Rohstoffe und traditionelle Verfahren. In Städten wie L’Aquila und Pescara entstehen neue Feinkostläden, die auf Qualität und Herkunft setzen, während Tourismusprogramme kulinarische Routen durch die Dörfer und Weinhänge der Region anbieten. Die Abruzzen – lange als Rückzugsort der Naturromantiker belächelt – avancieren zur Gourmetdestination für Kenner.


Ein Geschmack von Ursprünglichkeit

Kulinarisch stehen die Abruzzen für das, was in der heutigen Zeit selten geworden ist: Unverfälschtheit. Wer einen Arrosticino kostet, einen Schluck Montepulciano genießt und ein Stück reifen Pecorino zerbricht, schmeckt nicht nur ein Produkt, sondern eine Landschaft. Es ist die Würze der Berge, die Süße der Rebe, die Würde des Handwerks – konserviert in drei symbolträchtigen Spezialitäten.

Abseits der touristischen Trampelpfade liegt hier ein Schatz vergraben, den es zu entdecken lohnt. Denn die wahre Exzellenz findet sich oft dort, wo man sie nicht sucht – im Schatten der großen Namen, zwischen Olivenhainen und Schafweiden, in den Küchen, Kellern und Herzen der Abruzzen.


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Meta-Beschreibung: Entdecken Sie die kulinarischen Highlights der Abruzzen: Arrosticini (Lammspieße), Montepulciano d’Abruzzo (Wein) und Pecorino-Käse – authentisch, traditionell und voller Geschmack.

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